Nachhaltiges Bauen bedeutet nicht nur energieeffiziente Gebäude und ressourcenschonende Materialien, sondern auch die Wahl eines sicheren und geeigneten Standorts. Genau hier setzt der DGNB-Unterpunkt SITE 1.1 an. Er bewertet die Umweltbedingungen eines Bauprojekts und berücksichtigt dabei verschiedene Risiken, die sich langfristig auf die Nutzbarkeit und Widerstandsfähigkeit von Gebäuden auswirken können.
Was ist SITE 1.1?
SITE 1.1 ist ein zentraler Bestandteil der DGNB-Zertifizierung für nachhaltiges Bauen. Das Ziel dieses Kriterienpunkts ist es, Umweltrisiken eines Standorts zu identifizieren und Maßnahmen zu ergreifen, die die Resilienz von Bauwerken erhöhen. So soll sichergestellt werden, dass Gebäude nicht nur den heutigen, sondern auch den zukünftigen klimatischen und geophysikalischen Herausforderungen standhalten.
Welche Umweltgefahren werden berücksichtigt?
SITE 1.1 analysiert bis zu 14 spezifische Umweltgefahren, die die Standortsicherheit beeinflussen können:
- Erdbeben (z. B. Intensität eines 475-Jahres-Ereignisses)
- Vulkanausbrüche
- Lawinen
- Stürme
- Überschwemmungen (Häufigkeit und Intensität von Hochwasser)
- Starkregen
- Hagel
- Erdrutsche
- Sturmfluten/Tsunamis
- Extreme Klimabedingungen (Hitzeperioden, Kälteeinbrüche)
- Waldbrände
- Luftqualität (z. B. Feinstaubbelastung)
- Außenlärm (z. B. durch Straßen-, Schienen- oder Luftverkehr)
- Radonbelastung (radioaktive Bodenbelastung)
Wie erfolgt die Bewertung?
Für jede dieser Gefahren wird eine spezifische Gefährdungsstufe des Standorts ermittelt. Beispielsweise wird analysiert, ob ein Bauprojekt in einer Hochwasserzone liegt oder regelmäßig von Stürmen betroffen sein könnte. Auf Basis dieser Analyse werden Maßnahmen entwickelt, um die Risiken zu minimieren.
Einige Beispiele für solche Kompensationsmaßnahmen sind:
- Erdbebensichere Gebäudekonstruktionen
- Hochwasserschutzmaßnahmen wie angehobene Fundamente oder Drainagesysteme
- Sturmsichere Bauweisen mit verstärkten Fassaden und Dächern
- Hitzeschutz durch Fassadenbegrünung und reflektierende Baumaterialien
- Maßnahmen zur Reduzierung von Lärm- und Luftverschmutzung
Punktebewertung und Einfluss auf die DGNB-Zertifizierung
Die DGNB bewertet die identifizierten Risiken und die jeweiligen Gegenmaßnahmen mit einem Punktesystem. Höhere Punktzahlen erhalten Standorte, die entweder ein geringes Risiko aufweisen oder effektive Schutzmaßnahmen implementiert haben.
Warum ist SITE 1.1 so wichtig?
Die Bewertung des lokalen Umfelds ist entscheidend für die langfristige Werterhaltung und Sicherheit eines Bauprojekts. Ein unzureichend analysierter Standort kann nicht nur zu erheblichen finanziellen Einbußen führen, sondern auch die Lebensqualität der Nutzer beeinträchtigen.
Die Vorteile einer durchdachten Standortwahl sind unter anderem:
- Sicherheit und Resilienz: Gebäude sind besser vor Naturgefahren geschützt.
- Wertsteigerung: Immobilien an risikoarmen Standorten haben eine höhere Marktattraktivität.
- Nachhaltigkeit: Risikominimierung reduziert langfristige Sanierungs- und Wartungskosten.
- Gesundheits- und Umweltvorteile: Verbesserte Luftqualität, geringere Lärmbelastung und angepasste Klimaschutzmaßnahmen steigern die Lebensqualität.
Fazit
Der Unterpunkt SITE 1.1 der DGNB-Zertifizierung ist ein unverzichtbarer Bestandteil nachhaltigen Bauens. Er sorgt dafür, dass Umweltgefahren frühzeitig erkannt und minimiert werden, um langfristig sichere, widerstandsfähige und lebenswerte Gebäude zu schaffen. Wer ein Bauprojekt plant, sollte die Standortwahl nicht dem Zufall überlassen – denn die richtige Wahl heute bestimmt die Zukunftsfähigkeit eines Gebäudes für Jahrzehnte.


